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Foto: Junges Mädchen sitzt gestresst vor dem Computer
Syda Productions / Shutterstock.com

Probleme in der Ausbildung / Ausbildungsabbruch

Der Übergang von der Schule in den Beruf gilt als große Hürde zum Erwachsenwerden. Durch den Einstieg in eine Ausbildung kommen neue Herausforderungen auf Ihr Kind zu.

Woran erkennen Sie, dass mit der Ausbildung Ihres Kindes etwas nicht in Ordnung ist?

In der Phase von der Schule in den Beruf ist sicherlich bereits Selbständigkeit erwünscht. Dennoch können Sie ihr Kind während der Ausbildung aufmerksam begleiten.

Denn Schwierigkeiten in der Ausbildung sind leider keine Seltenheit. Ungefähr jeder fünfte Jugendliche löst einen Ausbildungsvertrag auf. Mit dem vorzeitigen Ausstieg aus der Ausbildung entsteht ein Bruch in der noch jungen beruflichen Biographie. Manche Jugendliche geben damit sogar die Absicht auf, überhaupt einen Beruf zu erlernen und erleben den Abbruch als Scheitern. An diesem Punkt angelangt, sind Problemlösungsstrategien und gut überlegte nächste Schritte wichtig.

Die ersten Anzeichen für Probleme in der Ausbildung sind meist anhand der Stimmung des Jugendlichen erkennbar. Häufen sich Niedergeschlagenheit oder Aggression? Bemerken Sie bei Ihrem Kind eine sinkende Motivation morgens in den Ausbildungsbetrieb oder zur Berufsschule zu gehen? Hat sich die zunächst überschäumende Energie schleichend in Gereiztheit verwandelt? Mehren sich die Fehltage? Nehmen im Gegenzug gar Alkoholkonsum und ausschreitende Freizeitaktivitäten überhand? Versuchen Sie in dieser Phase zusammen mit Ihrem Kind zu klären, was die Hintergründe für die Änderung des Verhaltens sind.

Was können Sie als Eltern tun?

Sicherlich haben Sie als Eltern in dieser Situation die Befürchtung, dass der mühsam erkämpfte Ausbildungsplatz gefährdet ist. Eine Litanei an Vorwürfen ist jedoch jetzt nicht zielführend. Das gilt auch für das Drohen mit Bestrafungen; die Folge ist höchstens eine Eskalation. In dieser Situation brauchen Jugendliche genau das Gegenteil, nämlich Bestärkung und Motivation, um nicht noch mehr an Selbstvertrauen zu verlieren. Jugendliche müssen das Gefühl haben, dass sie Hilfe bekommen. Dadurch entsteht ein gesundes Selbstwertgefühl, das sie weniger anfällig für Stress macht. Wenn Eltern ein gesundes Interesse am Ausbildungsgeschehen signalisieren, wird sich Ihr Kind auch eher mitteilen.

Versuchen Sie in einem Gespräch mit Ihrem Kind, Kurzschlussreaktionen zu vermeiden, denn Auszubildende bewerten Konflikte oft schwerwiegender als ihr Ausbildungsbetrieb. Die Kündigung der Ausbildung sollte für Ihr Kind bestenfalls den letzten Ausweg darstellen. Eine Befragung ergab, dass drei Viertel der Jugendlichen und mehr als zwei Drittel der Ausbildungsbetriebe den Ausbildungsabbruch im Nachhinein als vermeidbar ansehen.

Was sind häufige Gründe für Probleme in der Ausbildung oder bei einem Ausbildungsabbruch?

Besonders wichtig ist auch, dass sich die Jugendlichen selbst über die Gründe für die Unzufriedenheit klarwerden. Denn nur so lassen sie sich lösen. Laut einer Umfrage lagen bei 70 Prozent die Gründe für einen Ausbildungsabbruch im betrieblichen Bereich. 46 Prozent der Befragten gaben persönliche Motive an. Für jeden Dritten stand der Abbruch in engem Zusammenhang mit der Berufswahl und der beruflichen Orientierung. Die Gründe können dabei sehr unterschiedlich sein:

Betriebliche Gründe

  • Konflikte mit dem Ausbilder, der Ausbilderin, Meister, Meisterin, Chef, Chefin,
  • Mangelnde Vermittlung der Ausbildungsinhalte;
  • Ungünstige Überstunden- oder Urlaubsregelung;
  • Ausbildungsfremde Arbeiten;
  • Konflikte mit Facharbeitern, Facharbeiterinnen, Gesellen, Gesellinnen, anderen Auszubildenden;
  • Über- oder Unterforderung;
  • Schwere körperliche Arbeit.

Persönliche Schwierigkeiten

  • Gesundheitliche Gründe;
  • Schwangerschaft;
  • Familiäre Probleme;
  • Beziehungsprobleme;
  • Finanzielle Probleme;
  • Fehlende Übernahme von Verantwortung;
  • Maßlose Freizeitgestaltung;
  • Verlust der Kontakte zu den bisherigen Freunden aufgrund der Arbeitszeit.

Probleme in der Berufsschule

  • Schlechte Leistungen im Fachunterricht;
  • Schwierigkeiten in den Kernfächern;
  • Prüfungsangst;
  • Konflikte mit Berufsschullehrkräfte, Klassenkameraden und Klassenkameradinnen.

Falsche Vorstellungen vom Wunschberuf und dessen Tätigkeiten

  • Fehlerhafte Einschätzung von Aufgabenbereich, Arbeitsumfeld, Arbeitsbedingungen;
  • Eingeschränkte Verdienstmöglichkeiten im Anschluss an die Ausbildung;
  • Schlechte Arbeitsmarktaussichten;
  • Eingeschränkte Weiterbildungs- und Aufstiegschancen.

In den meisten Fällen ist nicht nur ein Faktor für die Probleme verantwortlich. Weitaus häufiger treffen mehrere Faktoren aufeinander.

Was sollten Jugendliche bei Ausbildungsproblemen tun?

Zunächst ist von Bedeutung, dass sich die Jugendlichen selbst über die möglichen Gründe für Ihre Ausbildungsprobleme im Klaren werden. Wichtig ist auch, dass Ihr Kind im Ernstfall frühzeitig den Kontakt mit der Ausbilderin oder dem Ausbilder aufnimmt und eine ruhige und sachliche Aussprache herbeiführt. Jeder Ausbildungsbetrieb hat eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für Auszubildende, die oder der sich um die fachliche und persönliche Anleitung kümmert.

Wer kann bei Ausbildungsproblemen helfen?

In manchen Fällen ist die Beziehung zu dieser Ansprechpartnerin oder diesem Ansprechpartner allerdings bereits konfliktreich. Werden die klärenden Gespräche Ihres Kindes mit der Ausbilderin oder dem Ausbilder regelmäßig zu Streitgesprächen? Dann empfiehlt es sich, zusätzliche Hilfe von außen wahr zu nehmen.

Beispielsweise unterstützen die Ausbildungsberaterinnen und die Ausbildungsberater der zuständigen Kammer bei Konfliktgesprächen und bei der Schlichtung von Streitigkeiten. Wenn sich Ihr Kind unzureichend ausgebildet oder ungerechtfertigt für ausbildungsfremde Arbeiten eingesetzt fühlt, kann es sich ebenfalls mit der IHK oder Handwerkskammer in Verbindung setzen. Das Beratungsangebot ist sehr umfangreich - genaue Informationen über die vielfältigen Möglichkeiten lohnen sich.

Auch die Berufsschulen bieten kompetente Hilfe bei schulischen und außerschulischen Problemen. In vielen Berufsschulen gibt es neben den Berufsschullehrkräften auch spezielle Beratungslehrkräfte und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Die Pädagogischen Fachkräfte kennen sowohl die fachlichen als auch die sozialen Anforderungen an die Auszubildenden. Wenn Ihre Tochter zum Beispiel schlechte Noten in der Zwischenprüfung hat, oder über schlechtes Betriebsklima klagt, machen Sie ihr bewusst, dass sie die Unterstützungsangebote in der Berufsschule nutzen kann.

Die zentrale Anlaufstelle JiBB (Junge Menschen in Bildung und Beruf) oder die Berufsberatung bei der Arbeitsagentur konnte Ihr Kind sicherlich schon in der Phase der beruflichen Orientierung kennenlernen. Die Beraterinnen und die Berater der Agentur geben nicht nur vor, sondern auch während der Ausbildung unterschiedliche Hilfestellungen. Je nachdem, welche Probleme und Voraussetzungen Ihr Kind aktuell hat, können zum Beispiel Förderunterricht (ausbildungsbegleitende Hilfen - abH), finanzielle Unterstützung (Berufsausbildungsbeihilfe - BAB) sowie Beratung und Vermittlung angeboten werden.

Der Abbruch steht fest - welche Schritte sollte Ihr Kind beachten?

 

Nach reiflicher Überlegung ist nun klar, dass ein Ausbildungsabbruch leider unvermeidbar ist. Diese Erkenntnis fällt in der Regel allen Beteiligten schwer. In dieser Situation ist es wichtig, dass Sie Ihr Kind weiterhin unterstützen. Bewahren Sie die Ruhe. Die neue Lage erfordert neue Entscheidungen.

Ist eine Auflösung des Ausbildungsvertrages unvermeidbar, sollten Auszubildende noch vor dem Abbruch genau überlegen, wie es beruflich weitergehen kann. Will Ihr Kind lediglich den Betrieb wechseln? Dann ermöglicht ein vorheriges Praktikum den neuen Betrieb, Klima und Ausbilderin oder Ausbilder vorab kennen zu lernen. Wenn allerdings eine komplette berufliche Neuorientierung ansteht, bietet zum Beispiel "Übergang Schule - Beruf" erste hilfreiche Informationen.

Unter allen Umständen sollte sich Ihr Kind möglichst konkrete Gedanken über einen neuen Ausbildungsbetrieb oder eine neue Berufsausbildung machen. Für viele Jugendliche beginnt nun eine neue Bewerbungsphase. Wie kann ich meinen Abbruch begründen? Was sind Argumente, die in diesem Zusammenhang für und nicht gegen mich sprechen? Der neue Ausbildungsbetrieb will überzeugt werden, dass er nicht mit einem vorzeitigen Ende des Ausbildungsvertrages rechnen muss.

Jeder Vertrag beinhaltet Richtlinien und Fristen für die Beendigung - so auch der Ausbildungsvertrag. Innerhalb der Probezeit ist ein Ausbildungsabbruch aus rechtlicher Sicht unproblematisch. Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) sagt: "Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden." In diesem Fall muss Ihr Kind wie auch der Ausbildungsbetrieb keine Gründe für die Beendigung der begonnenen Ausbildung nennen. Die Kündigung muss jedoch schriftlich erfolgen.

Wie verhält sich dies nach Beendigung der Probezeit?

Nach Ablauf der Probezeit, so das BBiG, kann das Berufsausbildungsverhältnis von Ihrem Kind oder dem Ausbildungsbetrieb nur gekündigt werden, wenn wichtige Gründe vorliegen. In diesem Fall ist keine Kündigungsfrist einzuhalten. Von einem „wichtigen Grund“ ist auszugehen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles – und Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien - die Fortsetzung des bestehenden Berufsausbildungsverhältnisses unzumutbar ist. Da diesbezüglich sehr strenge Maßstäbe anzulegen sind, ist grundsätzlich eine vorherige Abmahnung bzw. Ermahnung erforderlich.  Die Kündigung muss schriftlich und unter genauer Angabe des wichtigen Kündigungsgrundes erfolgen. Die Kündigungsgründe dürfen zum Zeitpunkt der Kündigung nicht länger als zwei Wochen bekannt sein.

Für Ihr Kind besteht nach dem BBiG nach Ablauf der Probezeit zudem die Möglichkeit, das Berufsausbildungsverhältnis mit einer Frist von 4 Wochen zu kündigen, wenn es die Berufsausbildung insgesamt aufgeben möchte oder eine Ausbildung in einem anderen Beruf machen will. Auch diese Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen.  Wenn Ihr Kind jedoch denselben Beruf weiter erlernen will und lediglich den Betrieb wechselt, besteht diese Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf der Probezeit nicht.

Eine Kündigung, die nicht schriftlich erfolgt oder in der die Kündigungsgründe nur unzureichend angegeben werden, ist unwirksam.

Falls sich Auszubildender und Ausbildungsbetrieb allerdings mit einem Aufhebungsvertrag einigen, ist die Beendigung jederzeit möglich.

Schadensersatzanspruch?

Wird das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig gekündigt, so können Ausbildungsbetrieb oder Auszubildender Ersatz des Schadens verlangen, wenn die andere Person den Grund für die Kündigung zu vertreten hat. Kündigt der Auszubildende fristgerecht, um eine andere Ausbildung anzufangen, steht dem Ausbildungsbetrieb kein Schadensersatz zu. Ein Schadensersatzanspruch muss innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht werden, andernfalls verfällt er.

Auch wenn noch kein Anspruch auf Geldleistungen erworben wurde, sollte sich Ihr Kind bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden. Die Zeiten registrierter Arbeitslosigkeit spielen für die spätere Rentenberechnung eine wichtige Rolle.

Alle Auszubildenden begründen mit dem Beginn der Ausbildung eine eigene Mitgliedschaft in der Krankenkasse. Wenn das Ausbildungsverhältnis nicht mehr besteht, muss die Krankenkasse darüber informiert werden. Falls Ihr Kind keinen Anspruch auf Leistungen der Agentur für Arbeit hat, existiert eventuell kein Krankenversicherungsschutz. Ihr Kind kann dann unter Umständen wieder als Familienmitglied versichert werden.

Bei Kindern über 18 Jahren ändert sich die Anspruchsgrundlage für das Kindergeld. Die Familienkassen informieren Sie über Ihre neuen Möglichkeiten.

Hat Ihr Kind mit dem Ausbildungsvertrag auch einen vermögenswirksamen Sparvertrag abgeschlossen? Nehmen Sie Kontakt mit der Gesellschaft auf, um das weitere Vorgehen zu klären.

Die Untersuchung hat ergeben, dass 62 Prozent der jungen Menschen, die eine Ausbildung abbrechen, im Ausbildungssystem bleiben. Eine abgebrochene Ausbildung bedeutet nicht das Ende aller Berufs- und Karrierechancen. Der Einsatz für eine tragfähige berufliche Zukunft lohnt sich. Begleiten Sie Ihr Kind dabei, die Krise zu meistern und zurück in den Beruf zu finden.